Frauen denken häufig von ihren Männern, dass es ihnen beim Sex nur um die Befriedigung ihrer Bedürfnisse geht und fühlen sich dann funktionalisiert.
Das ist allerdings ein Missverständnis.

Aus meinen Erfahrungen aus den Gesprächen zeigt sich, dass das sexuelle Bedürfnis des Mannes in der Regel stärker ausgeprägt ist, als das der Frau.
Wenn ich die Männer in den Gesprächen dann allerdings frage, was ihre Absicht ist mit ihrer Frau intim sein zu wollen, dann kommt diese Antwort: „Ich will dadurch meiner Frau nahe sein.“

Faktisch ist es so, dass durch Sexualität Hormone ausgeschüttet werden, unter anderem das Bindungshormon Oxytocin und sicherlich jeder, der schon mal in einer festen Partnerschaft lebte, konnte das auch feststellen. Bis zu zwei Tage nach einer gemeinsamen Nacht fühlt man sich noch stark innerlich verbunden.
Deswegen will der Mann Sex mit seiner Frau, obwohl vielleicht auch ein Konflikt besteht. Sie können gerade durch den Sex wieder Nähe herstellen, der durch den Konflikt verloren gegangen ist.

Frauen dagegen wollen erst den Konflikt klären und stellen durch Kommunikation Nähe her und dann können sie sich wieder auf körperliche Nähe einlassen.
Eigentlich geht es doch beiden um Nähe und wichtig ist hier, man einander für die verschiedene Herangehensweise nicht entwertet, in dem man sagt „ach jetzt will sie schon wieder reden“ oder „ach er will ja nur das eine“.

Bei kleineren Problemen lohnt es sich für die Frau einmal herauszufinden, wie die Problemlösung funktioniert, wenn man das Problem erst einmal zur Seite stellt und am nächsten Tag darüber redet und sich trotzdem körperlich nah bleibt.
Manche Konflikte basieren auf einem Missverständnis und lösen sich von alleine auf, wenn man sich wieder nahe ist.

Für manche Frauen ist das sicherlich kein Weg, da das Problem für sie zu sehr zwischen ihnen steht.
Das ist auch völlig in Ordnung.

Wenn ein Paar schon einige Jahre ungelöste Probleme hat, dann leidet auch die Sexualität darunter.
Wenn man sich nicht verstanden fühlt und alleine gelassen, zieht man sich innerlich immer mehr zurück und distanziert sich auch körperlich von seinem Partner.

Hier geht es erst einmal darum in Gesprächen die Probleme zu klären und wenn man sich innerlich wieder annähert, kommt in der Regel auch wieder das Bedürfnis nach körperlicher Nähe.

Das fängt damit an, dass man sich abends auf dem Sofa wieder aneinander kuschelt, sich kleine Umarmungen und Abschieds- und Begrüßungsküsse gibt, so dass man wieder die körperliche Nähe des andern mag und genießt.

Wenn man diese Hürden genommen hat, ist der Schritt sich sexuell wieder anzunähern nicht mehr ganz so groß.

Kerstin Girnus, Bielefeld, 24. Januar 2018