Je häufiger es zu Streit kommt, umso normaler wird es diesen Weg zu gehen.
Im übertragenen Sinne ist aus einem Feldweg eine vierspurige Streit-Autobahn geworden und in vielen Situationen sind Auslöser versteckt, die wie Auffahrten auf die Streitautobahn sind.

Wenn sich diese Streit-Autobahn zwischen einem etabliert hat, dann baut sich der Streit nicht unbedingt langsam auf, sondern ich steige gleich voll ein.

Wenn man Streit messen würde auf einer Skala von 0 – 10 und 10 ist die höchste Eskalationsstufe, dann überspringt man irgendwann die ersten Stufen und steigt schon bei einer höheren ein, weil man so frustriert ist durch die vielen vorherigen Erfahrungen.

Ein Ehepaar berichtete eine solche Situation.

Ich nenne sie hier Karin und Torsten:

Sie feierten seinen Geburtstag zuhause mit einigen Freunden und Verwandten. Seine Frau hatte alles dafür getan, dass es ein schöner Tag für ihn wird.

Er sagte nach dem Fest zu ihr, „du hast mich den ganzen Tag über links liegen gelassen!“.

Als sie den Vorwurf hörte, machte sie das so wütend, dass sie drei Teller nahm und auf den Küchenboden warf und ihn anschrie „das ist ja mal wieder typisch, alles macht man für dich und es ist nie genug. Das nächste Mal kannst du deinen Geburtstag alleine feiern! “.

Die eine Aussage führte sofort dazu, dass sie so wütend wurde, dass sie sich nicht mehr unter Kontrolle hatte und zack lagen die Sachen auf dem Boden.

Sie war in kürzester Zeit auf der Eskalationsstufe 7/8.

Für sie stand die Situation im Zusammenhang mit vielen vorangegangenen ähnlichen Situationen in denen sie sich kritisiert sah.

Sie fühlte sich schon seit vielen Jahren nicht anerkannt und wertgeschätzt für das was sie tat und wenn dann noch Kritik dazu kam, brachte das das Fass zum überlaufen.

Als er sagte: „Du hast mich den ganzen Tag links liegen gelassen!“ bestätigte sie das in ihrer Schlussfolgerung, dass sie egal, was sie machte, ihm doch nicht genügen kann.

Das Problem war, dass er sein Anliegen als Vorwurf geäußert hatte, was sicherlich vielen nicht ganz unbekannt ist.

Mit Vorwürfen baut man keine Brücken sondern man sorgt dafür, dass der andere sich angegriffen fühlt und eine Mauer baut.

Meine Erfahrung ist aber auch, dass hinter jedem Vorwurf eine positive Absicht steckt und die hat er dann auch geäußert, als ich ihn fragte,  worum es ihm denn eigentlich mit seiner Aussage ging:

„Ich hätte mir mehr Verbundenheit und Nähe mit ihr auf dem Fest gewünscht durch kurze Blickkontakte und Berührungen.“

Er formulierte das, worum es ging jetzt nicht als Vorwurf sondern als Wunsch, was wie eine Einladung zum nachdenken und  reden ist.

Wenn ich etwas mit dem andern verändern will, ist es wichtig darauf zu achten, wie ich kommuniziere. Rede ich vor allem in Vorwürfen und Anklagen oder will ich den andern zum Gespräch einladen und damit im übertragenen Sinne eine Brücke bauen.

(Auszug aus dem neuen E-Book „Ausstieg aus der Streitspirale“, das demnächst veröffentlicht wird)

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Kerstin Girnus, Bielefeld, 18. Oktober 2018