Ich höre immer wieder die Aussage von Klienten: „Ich kann mich nicht festlegen“, was häufig als Last empfunden wird. Sowohl von demjenigen, der Probleme damit hat, als auch für den Partner oder die Partnerin.
Prinzipiell lässt sich aber erst einmal feststellen, dass die Aussage so nicht stimmt:
Jeder Mensch kann Entscheidungen treffen, manchen fällt es nur schwerer als anderen.
Die Gründe, warum man Entscheidungsprobleme hat, sind vielfältig. Finde hier heraus, was bei dir dahinter steckt und wie du aus der Entscheidungsfalle heraus kommst.

Schlechte Erfahrungen mit Entscheidungen

Wenn man als Kind oder auch im Erwachsenenalter schlechte Erfahrungen mit Entscheidungen gemacht hat, dann meidet man natürlich die Situation. Im Prinzip steuert einen die Überzeugung: Ich könnte mich falsch entscheiden.

Was allerdings nur Probleme aufschiebt und manchmal entscheidet dann das Leben für einen, was man nicht unbedingt besser findet.
Die Erfahrung entsteht natürlich erst einmal, wenn man mehrere Entscheidungen getroffen hat, die sich als „falsch“ heraus stellten.
Zum Beispiel war man in der Jugend mit einem Mädchen zusammen, was sich dann doch getrennt hatte, wegen einem anderen.
Aber war das damals eine falsche Entscheidung?
Man bewertet die Entscheidung im Nachhin als falsch, aber als man sich damals verliebte und mit dem Mädchen zusammen kam, hatte sich alles gut angefühlt. Es war nicht erkennbar, dass das nicht gut ausgeht.
Man denkt ja in dem Moment nicht, ich mache den Fehler meines Lebens.

Daran erkennt man schon mal ein Prinzip bzgl. Entscheidungen:

  • Entscheidungen müssen sich immer über die Zeit bestätigen.
  • Und wenn sie sich nicht bestätigt haben, ist man jetzt ein bisschen schlauer.

Ich muss/ will es recht machen

Manche Menschen sind sehr feinfühlig oder auch hochsensibel und ihre Aufmerksamkeit ist viel auf andere Menschen gerichtet. Vielleicht mussten sie in ihrer Kindheit viel Rücksicht auf einen kranken Elternteil nehmen und haben ein hohes Maß an Pflichtbewusstsein entwickelt.

Oder es herrschte eine vorwurfsvolle und aggressive Atmosphäre, die häufig zu Streit in der Familie führte, so dass sie die ganze Zeit ihr Umfeld danach abscannen. Man überprüft, was andere brauchen und wie man Streit vermeiden kann.
Was dazu führt, dass man den Kontakt zu sich selbst verliert.

Hier geht es darum den Standpunkt zu verändern, wenn Anforderungen an einen gestellt werden.

Standpunkt 1: Ich will es recht machen

Man verliert den Kontakt zu sich selbst und es fühlt sich an, als wäre man ein Hamster im Hamsterrad. Die Gefahr an Burnout zu erkranken ist groß, wenn man auf diesem Standpunkt steht.

Standpunkt 2: Was will ich eigentlich und welche Priorität hat es für mich?

Wenn andere eine Sache dringlich machen, überprüfe für dich, hat es tatsächlich eine solche Dringlichkeit oder ist es vielleicht auch eine Masche des anderen.
Erstelle deine eigene Prioritätenliste und sei immer wieder im inneren Austausch mit dir selbst, was ist wichtig, was gilt es zu erst zu tun.
Was auch auf die Prioritätenliste gehört ist: Erholung, Sport und Freizeit.
Nur wenn du dich immer wieder erholst, kannst du auch wieder 100 % für dich und andere da sein.

Freiheit ist der höchste persönliche Wert

Wenn Freiheit der höchste Wert für einen persönlich ist, fällt es einem schwerer Entscheidungen zu treffen oder den nächsten Schritt in der Partnerschaft zu machen. Das wird Peter-Pan-Syndrom genannt.
Will ich mich wirklich noch mehr binden und meine Partnerin heiraten?
Bin ich bereit für Kinder? Ich habe doch noch so viel vor?
Solche Fragen kennen sicherlich viele, aber wenn man den Wert Freiheit hat, beschäftigt man sich sehr viel damit und es kann sein, dass man die Klippe nicht umschiffen kann und immer eine gewissen Unverbindlichkeit in der Partnerschaft und im Leben behält.
Unverbindlichkeit ist aber nicht Freiheit. Man muss auch die Freiheit haben, sich festzulegen.

Kerstin Girnus, Praxis für Paarberatung und Eheberatung, Bielefeld, den 08. Juni 2021